Vom Khmerreich zur Roten Khmer

Das verfallene Reich der Khmer

Monkeys were springing and spluttering from bough to bough ; and, on a piece of open ground, some peacocks were displaying, in the height of vain-glory; their superb plumage. The forests were of an entirely different character from the American forests. I did not see a single pine, live-oak, sequoia, or cypress ; but, instead, the teak, the ironwood, the banyan, and a multitude of flowering and fruit-bearing trees. The cocoa-nut, or palm, is not found in the centre of the forest. Magnolias of various species, and the large tree-jasmine, were plentiful. […] Entranced by the novelities and the beauties all around me, which filled my senses to overflowing with sweet sounds, delicious odors, and lovely coloring, I submitted with indifference to Andreas’s announcement that I could go no further on my pony, and must now descend and walk. I made a few steps after him, mechanically, inspecting a flower I had just culled, when, raising my eyes, I was almost paralyzed at beholding the full glory of the temple of Angkor Wat displayed before me. Lady Hester Stanhope, „A Journey in a Junk“ in The Overland Monthly, Vol. 10., 1873
Angkor Wat, die Stadt der Tempel, ist ein Ort für Entdecker. Mittlerweile gibt es Straßen zu den Tempeln, die sich auf einer Fläche von 160 Hektar verteilen. Doch früher war der Besuch der Tempel ein Abenteuer bei dem man sich durch den dichten Wald kämpfen musste. Die ersten Berichte über die Stadt der Tempel stammen von dem portugiesischen Kapuzinermönch Antonio da Magdelena aus dem Jahr 1585. Dieser berichtete seinem Landsmann, dem Historiker Diogo do Couto, über seine Entdeckung im Dschungel von Siam (bis 1939 gebräuchlicher Name des Landes in Südostasien, das im 19. Jahrhundert große Teile des heutigen Thailand, Kambodscha, Laos sowie Teile von Malaysia und Myanmar umfasste). Daraufhin schrieb der Historiker folgende Zeilen:
Half a league from this city is a temple called Angar. It is of such extraordinary construction that it is not possible to describe it with a pen, particularly since it is like no other building in the world. It has towers and decoration and all the refinements which the human genius can conceive of. There are many smaller towers of similar style, in the same stone, which are gilded. The temple is surrounded by a moat, and access is by a single bridge, protected by two stone tigers so grandand fearsome as to strike terror into the visitor. Übersetzung von Charles F.W. Highham (The Origins of the Civilisation of Angkor)
All die Berichte hatten eines gemeinsam. Zum Zeitpunkt der Entdeckungen war die Anlage verlassen. Bis heute gibt lediglich eine Aufzeichnung Informationen dazu, wie das Leben in im Khmer-Reich war. Der Chinese Zhou Daguan war Teil einer diplomatischen Delegation, die das Königreich der Khmer im Jahr 1295 besuchte. Er blieb rund ein Jahr vor Ort und schrieb über das tägliche Leben der Khmer, die Sitten und Bräuche der Bevölkerung und der Adligen. Diese Schriften und die Abbildungen und Gravuren an den Wänden der Tempel sind die einzigen Überlieferungen aus jener Zeit. Ein Teil seiner Aufzeichnungen ist über die Zeit verloren gegangen. Die erste Übersetzung ins Französische erfolgte durch Paul Pelliot. Laut Daguan haben die Khmer Aufzeichnungen auf Pergament und Palmblätter erstellt, doch sind bis heute keine entdeckt worden. Vermutlich sind sie durch Feuchtigkeit, Regen und Krieg zerstört worden. Noch heute verbergen sich einige Tempel in dichtem Wald. Stück um Stück hat sich die Natur seinen Raum zurück erobert. Einzelne Bäume vergraben ganze Mauern, Dächer und Gewölbe unter sich. Sie thronen auf ihnen und feiern ihren Sieg über die Zivilisation. Einige der Bäume leben noch; andere wurden bereits abgesägt und nur ihre Wurzeln und ein Teil des Baumstammes sind noch zu sehen. Mit einen unvorstellbaren Gewicht müssen sie auf den Gemäuern gelastet und Wände zum Einsturz gebracht haben. Das einst leuchtende Gestein ist mittlerweile ergraut und von Moos überwachsen. Das Areal ist verwinkelt. Es gleicht einem Labyrinth mit all den eingestürzten Wänden. Ursprüngliche Wege sind versperrt. Neue haben Wege haben sich gebildet. Hin und wieder muss ich über große Steinblöcke klettern. Es ist leicht, die Orientierung zu verlieren. Es wirkt wie der perfekte Ort, an dem man als Kind spielen möchte, weil es so viele Möglichkeiten gibt, sich zu verstecken. Angkor Wat hat etwas Magisches. Doch man muss sich Zeit nehmen, die üblichen Touristenpfade verlassen und sich treiben lassen, sich die Chance geben, sich zu verlaufen. Drei Tage bin ich mich mit Armando durch die riesige Anlage und seine Umgebung geradelt. Vorab besuchten wir allerdings das Museum von Angkor Wat und konnten so die Tempel, die Kunst seine Geschichte besser verorten. 

Meeresleuchten auf Koh Rong

Doch Kambodscha hatte noch andere Höhepunkte für uns. Mit direkter Verbindung zum Meer verfügt das Land über unzählige Inseln. Wir fuhren auf die Insel Koh Rong und fanden uns in der Kulisse eines Piratenfilms wieder. Strahlend weiße Sandstrände, azurblaues Wasser standen im Kontrast zu den zweistöckigen Bars, Restaurants und Unterkünften, die wild aus Holz zusammen gezimmert wurden und wie ein Provisorium wirkten. Jeden Moment erwartete ich einen Piraten aus einer der Bars torkeln. Es torkelten aber vielmehr die ausländischen Besucher, die in Koh Rong Abgeschiedenheit, Sandstrände und vermeintliche unberührte Naturlandschaften suchten. Ein Stück entfernt vom Hafen reihten sich zahlreiche Resorts und boten mehr Ruhe. Unser Bungalow war abseits des Trubels und erlaubte uns, vom hektischen Festland und der hiesigen Barmeile auszuspannen. Koh Rong war aber noch für eine andere Sache bekannt, die sich für immer in meine Erinnerung eingraben wird.  Vor der Küste Koh Rongs treibt  fluoreszierender Plankton. Das Meeresleuchten ist eine Touristenattraktion. Nachts fahren unzählige Boote mit Touristen hinaus aufs Meer zum Schnorcheln. Wir ebenso! Das amüsante daran war der Fakt, dass wir mit einer Gruppe Asiaten im Boot saßen, die dafür bekannt sind, nicht schwimmen zu können. So auch in diesem Fall. Wir schwammen also allein im pechschwarzen Wasser und aktivierten die Biolumineszenz des Plankton durch unsere Bewegungen im Wasser. Durch die Tauchmaske konnte man die Wasserspiele mit den leuchtenden Kleintieren hautnah verfolgen. Licht umströmte unsere Arme und Beine. Es war überwältigend. Ich fühlte mich mal wie ein Maler, der anstatt mit Farben mit Licht malte. An diesem Abend stellten wir auch fest, dass das Boot vor der Küste unserer Bungalowanlage ankerte. Noch in derselben Nacht suchten wir am Strand nach einer Stelle, wo es dunkel genug war, um das Meeresleuchten zu sehen. Wir wurden fündig und schwammen dann jede Nacht mit dem Plankton.

Der lange Schatten der Roten Khmer

Mein Fazit für Kambodscha ist dennoch durchwachsen. Ich verbinde mit Angkor Wat und Koh Rong unbezahlbare und wunderschöne Erinnerungen. Dennoch verlasse ich das Land mit einem Gefühl der Erleichterung. Kambodscha ist anders als alle bisherigen Länder, die ich gesehen habe. Mir fehlte der Charme, den Thailand, Indonesien oder Indien innehatte. Ich vermisste die Kultur im Alltagsbild, die ich aus Thailand, Indonesien oder Indien gewöhnt war. Und genau hier zeigt sich das kalte und grausame Werk der Roten Khmer. Einst ein kulturell reiches Land leidet die Kultur und die Bevölkerung noch heute an den Gräueltaten, die in einem Genozid endeten. Unter der Führung von Pol Pot verloren zwischen 1975-1979 schätzungsweise zwei Millionen Kambodschaner ihr Leben unter dem Terrorregime. Genau Zahlen gibt es nicht. Mit dem Einmarsch vietnamesischer Truppen endete zwar die Herrschaft der Roten Khmer, aber nicht deren Existenz. Teilweise flohen die Anhänger nach Thailand. Die vertriebenen Anhänger der Roten Khmer kämpften weiter mit Guerillaoperationen gegen die vietnamesische Besatzung und die neu eingesetzte Regierung. Mitte der 90er Jahre waren die Khmer so gut wie aufgelöst. 1999 kapitulierten die übrig gebliebenen Anhänger. Die Folgen des Regimes und des Genozids sind aber noch bis heute zu spüren. Unzählige Kulturgüter sind unwiderruflich zerstört worden. Der Verlust von Künstlern, Schriftsteller, Wissenschaftler oder Intellektuellen prägt das Land bis heute. Der Wiederaufbau des Landes und das Erstarken der Kunst geht langsam voran. Noch immer gibt es Gebiete, die Aufgrund von Landminen gesperrt sind. Der Tourismus ist eine der Haupteinnahmequellen für das Land. Leider merke ich das auch in meinem Geldbeutel. Essen, Unterkunft und Transport sind teuerer als in anderen Staaten Südostasiens. Daher reisen wir bereits nach drei Wochen zurück nach Thailand, wo ich einen Kurs in Traditioneller Thaimassage machen werde.